Im Sommer 2002 sind wir (Heiko & Bernd) mit sehr bescheidenen Infos über den Fluß Merkys (182 km von Tabariskes an der Grenze zu Weißrußland bis zur Mündung) nach Litauen aufgebrochen. Von Berlin nach Warschau mit dem EC und dann weiter mit dem Nachtzug nach Vilnius - über Suwalki (hier waren wir im Vorjahr ausgestiegen um die bekannte und wunderschöne Czarna Hancza / Kanal Augustowskie-Tour zu paddeln) weiter über Kaunas. (Der Nachtzug fährt alle zwei Tage ab Warzawa Centralna). Dadurch erspart mach sich das Visum für Weißrußland. Der Merkys ist ein Zufluß des Nemunas (Memel) und durchfließt das südliche Litauen um bei Merkine in zu münden.
Von Vilnius sind wir recht bequem mit einem "Mikro-Busai" (so eine Art Sammeltaxi) ca. eine Stunde südlich bis Jasiunai (ca. 30 km nördlich von Salcininkai) gefahren und dort direkt am Merkys ausgestiegen. Von hier sind es ca. 160 km bis zur Mündung. Der Fluß sieht dort wie ein gemütlicher Wiesenfluß aus - überrascht allerdings durch seine Strömung, mehrere Stromschnellen und vielfältige Hindernisse. Laut litauischem Fremdenverkehrsamt ist der Merkys auf seinem gesamten Verlauf zu bepaddeln. Das stimmt so nicht. Wir waren insgesamt vierzehn Tage auf dem Merkys unterwegs und hatten in der ersten Woche ganz schön zu kämpfen. Die Landschaft ist überwältigend schön aber der Fluß war auf unserem ersten Teilstück nicht auf Boote vorbereitet.Große Findlinge, querliegende Baumstämme, extrem tiefgehängte Brücken und nicht zuletzt eine plötzliche Verengung und Verflachung (bei Baltoji Voke - der Fluß wird hier teilweise umgeleitet) über viele Kilometer erschweren das Vorwärtskommen ganz erheblich.
Die zweite Hälfte der Strecke ab Valkininkai ist mehr als perfekt: eine mehr als flotte Strömung, phantatische riesige Wälder und eine wunderbare Natur belohnten uns für die Strapazen der ersten Woche. Ab hier kommt man aufgrund der Strömung allerdings manchmal schneller vorran, als einem lieb ist. Ab Valkininkai trifft man dann auch auf die ertsen einheimischen Paddler. Vorher waren wir eine Woche unterwegs ohne ein einziges (!) Boot zu sichten. Auf der gesamten Strecke gab es einen Zeltplatz, der allerdings nur Tische und Bänke und ein C ohne W aufwies. Dafür wunderbar gelegen an der Mündung der Ula in den Merkys. Die Ula (57 km Gesamtlänge) ist der andere interessante Paddelfluß in der Gegend ( im Herzen des Dzukijos-Nationalparks ) den wir allerdings nicht befahren konnten, da beide Flüsse nur in Strömungsrichtung zu befahren sind - beim Versuch gegen die Strömung zu paddeln blieben wir in der Regel gerade mal auf der Stelle (!). Man findet überall am Fluß gute Übernachtunsplätze, Karten sollte man spätestens in Vilnius kaufen, Lebensmittel bekommt man ganz gut auf der Strecke, sollte sich aber durchaus für einige Tage bevorraten. Auf der gesamten Strecke ist der Merkys sehr stark mäandernt - schaut man auf eine Litauen Karte unterschätzt man die Strecke schnell. Auf dem Nemunas haben wir uns dann nur bis zum Örtchen Merkine vorgewagt. Die Memel ist ein zu großer und breiter Strom - aber wer Spaß an solchen Herausforderungen hat kann hier natürlich weiter paddeln. Ab Merkine sind wir wieder zurück mit dem Überlandbus nach Vilnius gefahren um noch einige Tage die Hauptstadt zu erkunden. Von Merkine kommt man allerdings auch problemlos mit dem Bus nach Suwalki in Polen und ist dann schneller wieder zuhause.